02/07/2024 0 Kommentare
Interview mit Silke Radosh-Hinder und Matthias Lohenner, Kandidierende für das Superintendenten-Amt
Interview mit Silke Radosh-Hinder und Matthias Lohenner, Kandidierende für das Superintendenten-Amt
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Interview mit Silke Radosh-Hinder und Matthias Lohenner, Kandidierende für das Superintendenten-Amt
Als Nachfolge von Superintendent Bertold Höcker, der im Sommer 2023 seinen Dienst im Kirchenkreis Stadtmitte beendet, bewerben sich zwei Personen - als Doppelspitze: Silke Radosh-Hinder, derzeit stellvertretende Superintendentin im Kirchenkreis, und Matthias Lohenner, Pfarrer für St. Markus. Wir haben mit ihnen gesprochen:
Liebe Silke Radosh-Hinder, lieber Matthias Lohenner, Ihr bewerbt Euch als Doppelspitze. Was hat Euch dazu motiviert?
Silke Radosh-Hinder: In unserer diversen, pluralen Gesellschaft kann ein One-Fits-All – einer oder eine für alles und alle – eigentlich nicht mehr funktionieren. Kommunikation ist heute immens wichtig. Eine Doppelspitze ist schon aus sich heraus auf Kommunikation angelegt. Menschen in solch einer Position müssen miteinander kommunizieren, um Entscheidungen zu treffen und diese weiter zu geben. Aber auch die Idee, Verantwortung gemeinsam zu tragen, die vielfältigen und unterschiedlichen Gaben einzubringen, sprechen für eine Doppelspitze.
Matthias Lohenner: Ich brauche Kommunikation zum kreativen Denken, zum Entwickeln von neuen Ideen und Herangehensweisen. In meiner Berufsbiographie habe ich in unterschiedlichen Positionen immer eng mit Menschen gearbeitet, die aus einem anderen Kontext als ich kamen – mit Menschen, die deutlich älter oder deutlich jünger waren als ich, mit Männern oder Frauen, mit Personen mit einem theologischen oder anderen beruflichen Hintergrund. Das bereichert – beide und die Menschen im Umfeld.
Ihr wollt beide in Teilzeit arbeiten – geht das im Superintendenten-Amt?
Matthias Lohenner: Ich finde es wichtig, dass man auch andere Spielbeine hat. Das hilft der Kreativität und ist vielleicht sogar besser, als wenn man rund um die Uhr am gleichen Thema sitzt. Bei mir wird das sicher meine Tätigkeit als Coach sein.
Silke Radosh-Hinder: Die Trennung in: was ist das Berufliche, was ist das Private, ist nicht so einfach abzustecken. Mir ist der Freiraum wichtig, den ich mir mit einer Teilzeitstelle schaffen kann. Ich werde ihn dazu nutzen, um im Bereich der interreligiösen Arbeit weiter forschend tätig sein.
Lieber Matthias Lohenner, warum sollte Silke Radosh-Hinder Superintendentin werden?
Matthias Lohenner: Ich wünsche mir auf dieser Position jemand mit einem klaren Glaubensprofil. Ich erlebe Silke als eine Frau, die in ihrem Glauben verankert ist und mit dem Glauben ringt. Das macht die Sache sehr lebendig, zumal sie das für mich auch klar ausstrahlt. Sie ist bereits in vielen Netzwerken unterwegs und kann an den Punkten anknüpfen, die erhaltenswert sind, zum Beispiel im interreligiösen Gespräch, im Diversitätsthema und in den politischen Kontexten.
Liebe Silke Radosh-Hinder, was spricht für Matthias Lohenner als Superintendenten?
Silke Radosh-Hinder: Er ist ein großartiger Superintendent, weil er sehr viel Strukturelles und auch strukturierendes Denken mitbringt. Gleichzeitig ist er sehr gelassen, mit viel Sachorientierung - was mir manchmal in meiner Euphorie fehlt. Er will Veränderungen mutig einbringen, für sie werben und sie umsetzen. Ich erlebe ihn als sehr klar – auch in konflikthaften Situationen. Er denkt vom Menschen her und bringt daraus die theologischen Fragen ein.
Was mir in der Zusammenarbeit auch sehr wichtig ist: wir können zusammen lachen. Ich könnte das Amt niemals mit jemanden ausfüllen, mit dem ich nicht zusammen lachen kann.
In fünf Schlagworten: wofür steht Ihr Beiden?
Beide: Wir stehen dafür, dass der Evangelische Kirchenkreis Berlin Stadtmitte, seine Gemeinden und kirchlichen Orte auch in Zukunft
- der Verkündigung des Wortes Gottes dienen,
- die Kraft christlicher Gemeinschaft erfahrbar machen,
- das Engagement für Verfolgte, Vergessene und Geflüchtete intensivieren,
- Pluralität und Diversität erstreiten und leben,
- uns anvertraute Menschen schützen.
Warum bewerbt Ihr Euch ausgerechnet im Kirchenkreis Berlin Stadtmitte? Matthias Lohenner: Wo wenn nicht hier? Ich bin hier ja schon eine ganze Weile in unterschiedlichen Positionen in Stadtmitte unterwegs, und der Kirchenkreis ist mir sehr ans Herz gewachsen. Ich bin hier ein Stück weit beheimatet. Das, was ich an Kompetenzen mitbringe, passt – denke ich - gut. Hier kann man Antworten finden und neue Ideen entwickeln.
Silke Radosh-Hinder: Aus meiner Sicht ist das ist eine der attraktivsten Stellen überhaupt, weil sich hier die Fragen von Urbanität stellt, weil wir an der Schnittstelle zwischen politischen und Hauptstadtentscheidungen stehen – und weil es andererseits auch um ganz normale Gemeindestrukturen geht. Dann haben wir noch die großen Projekte und Ideen wie das House of One oder die Drei-Religionen-Kita. Vielfalt und Pluralität, Team und Gremien: Der Kreiskirchenrat ist hochfunktional und konstruktiv - wir kennen und schätzen ihn und seine Arbeit. Das gilt auch für die Vielzahl von Werken und Verbänden. In Stadtmitte schöpfen wir aus der Fülle.
Auf was sollten der Kirchenkreis in Zukunft besser verzichten?
Matthias Lohenner: Energien in Projekte zu stecken, von denen wir im Grunde genommen schon wissen, dass sie nicht zu einem Ergebnis führen – auch, weil die Beteiligten kein Interesse haben. Es darf nicht um die Aufrechterhaltung von Bildern gehen wie: jede Gemeinde muss bestimmte Dinge vorhalten. Das kann nicht gut gehen und ist nicht mehr zeitgemäß. Es sollen nicht alle alles machen.
Silke Radosh-Hinder: Wir sollten nicht noch mehr Aufgaben addieren, sondern uns eher konzentrieren. Das schmeckt nach Verlust, bedeutet aber idealerweise Entlastung.
Was braucht der Kirchenkreis?
Silke Radosh-Hinder: Wir brauchen viel Gelassenheit, viel Glauben. Wir wissen, dass große finanzielle Einbußen auf uns zukommen. Damit müssen wir umgehen und uns fragen: was können wir anbieten? Wo braucht uns die Gesellschaft? Wir brauchen Mut zur Krise. So wie es jetzt ist, wird es nicht weitergehen. Aber aus der Krise wird auch Neues erwachsen. Es wird anders, und das muss ja nicht schlechter sein.
Matthias Lohenner: Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Dinge steckengeblieben sind. Etwa beim Reformprozess. Ich glaube, wir müssen sehr an dem Miteinander in der Synode und Gemeinden und auch mit anderen Playern arbeiten, dass wir Vertrauen bilden und den Mut haben, miteinander und füreinander einzustehen.
Der Vorstellungsgottesdienst mit anschließender Diskussion findet am 23. April um 17 Uhr in der St. Marienkirche statt.
Am 6. Mai 2023 entscheidet die Wahlsynode.
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