Pfarrerin Cordula Machoni: "Das 'Menschen Museum' entzaubert den Menschen"

Pfarrerin Cordula Machoni: "Das 'Menschen Museum' entzaubert den Menschen"

Pfarrerin Cordula Machoni: "Das 'Menschen Museum' entzaubert den Menschen"

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Pfarrerin Cordula Machoni: "Das 'Menschen Museum' entzaubert den Menschen"

Das im Februar 2015 am Berliner Alexanderplatz eröffnete "Menschen Museum" mit plastinierten Leichen und Körperteilen sorgt weiter für Kritik. Der Bezirk versucht derzeit erneut, die Ausstellung gerichtlich zu verbieten. Die benachbarte Kirchengemeinde St. Marien-St. Petri hält die Zurschaustellung von toten Menschen für einen Angriff auf die Menschenwürde. Pfarrerin Cordula Machoni erläutert im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) ihren Standpunkt:

Ihre Kirchengemeinde hat sich von Anfang an an den Protesten gegen die Eröffnung des "Menschen Museums" beteiligt. Alle Bemühungen des Bezirkes, gerichtlich gegen die Ausstellung vorzugehen, sind bislang fehlgeschlagen. Auch der Protest der Kirchen ist abgeebbt. Hat sich Ihre Haltung geändert
?
Machoni: Nein, unsere Haltung ist unverändert. Alle Bemühungen von Seiten der Betreiber, die Relevanz einer solchen Einrichtung umzudeuten und auf diese Weise zu rechtfertigen, ändern nichts an der Tatsache, dass hier tote Menschen zur Schau gestellt werden. Aus unserer Sicht besitzt aber jeder Mensch eine nicht käufliche Würde, die über den Tod hinaus besteht und von den Lebenden zu wahren ist. Die christliche Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod hat mit der Illusion von Unsterblichkeit, die die Betreiber mit den ausgestellten Leichen heraufbeschwören wollen, rein gar nichts gemein.

epd: Sie werfen den Museumsbetreibern um Gunther von Hagens vor, unter dem Deckmantel wissenschaftlicher Aufklärung ökonomische Interessen zu verfolgen und die Sensationslust von Menschen zu bedienen. Niemand ist gezwungen, die Ausstellung zu besuchen. Was ist Ihre Befürchtung?
Machoni: Die Erfahrung von Tod als Realität ist nicht Teil unseres Alltags, auch wenn Schrecken wie der Terroranschlag am Breitscheidplatz das auf grausame Weise durchbrechen. Und das große Bedürfnis nach einem Ort, um zu trauern und das Unsagbare irgendwie zu ertragen, zeigt doch, wie wichtig es ist, dieser Grenze zwischen Leben und Tod eine Gestalt zu geben. Von Hagens selbst aber hat einmal gesagt, dass die lebendige Pose den Gedanken an Leiche und Trauer zurückdrängt, wenn nicht gar aufhebt. Meine Sorge ist, dass Menschen sich zunehmend vom toten Menschen und damit von ihrer eigenen Endlichkeit und von den Grenzen menschlicher Handlungsmöglichkeiten distanzieren. Der Tod ist eine Erinnerung an die Würde und Zerbrechlichkeit von Leben.

epd: Welchen Stellenwert räumen Sie den Einverständniserklärungen der sogenannten Körperspender ein, die sich zu ihren Lebzeiten dafür entschieden haben, ihren Körper plastinieren und ausstellen zu lassen?
Machoni: Natürlich ist jeder Mensch frei, selbstbestimmt zu entscheiden. Aber offensichtlich gibt es hinsichtlich der Einverständniserklärungen und der Zuordnung zu den ausgestellten Leichen Unstimmigkeiten. Jeder, der sich als "Körperspender" zur Verfügung stellt, sollte bedenken, dass er den Lebenden verwehrt, Abschied zu nehmen und zu trauern. Nach christlichem Verständnis hat der Mensch seine Würde als Gottes Ebenbild. Ich sehe es als Aufgabe der Lebenden an, diese Würde zu wahren und gegebenenfalls wiederherzustellen, indem der Tote beerdigt wird; und damit der Gefahr entgeht, wie eine Sache behandelt zu werden. Das 'Menschen Museum' entzaubert den Menschen, indem es ihn als Arrangement austauschbarer Einzelteile darstellt. Die Fülle eines Leben wird reduziert auf eine festgefrorene Pose. Das empfinde ich als zutiefst unmenschlich.  (epd)

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